|
|
|
|
|
|
Gehen Sie hin und machen Sie’s!
|
|
| | |
|
Gesundheit im Brennpunkt am Linzer Symposion
Einige interessante Aspekte, von durchwegs kompetenten und engagierten Vortragenden können nicht über den Stillstand im Bereich der Prävention hinweg täuschen, mitunter werfen sie neue Bedenken auf. Dabei bietet doch der umfassende Ansatz der Gesundheitsförderung eine große Chance, der Gesundheit als Ganzes den nötigen Stellenwert in der Gesellschaft zu verschaffen. Damit die Menschen ihr Dasein selbst gestalten und erleben können. Mehr Bewegung verspricht ein neuer Fachhochschullehrgang.
Es ist Wochenende. Sonnenstrahlen lassen den Campus der Kepler Uni Linz und die Herzen seiner Besucher erblühen. Drinnen entgehen den knapp 300 Teilnehmer des 11. Linzer Gesundheitssymposion diese herrlichen Frühlingstage. Dafür werden sie mit einer breiten Palette an Informationen konfrontiert. In mehreren Arbeitskreisen werden verschiedene Themenbereiche behandelt. Für Diskussionen oder gar gemeinsames Erarbeiten von Problemstellungen ist wenig Raum.
Verstärkt Empowerment die Entsolidarisierung?
Unter die Teilnehmer verirren sich gerade mal 2 Studenten, die jedoch das Gehörte wie ein Schwamm aufsaugen. „Ich bin selbst erstaunt, dass sonst keine Studenten gekommen sind. Manch andere reisen extra aus Vorarlberg oder Deutschland an. Ich halte das Thema Gesundheit für besonders wichtig. Wir müssten alle viel mehr für uns selbst tun.“ stellen beide unisono fest. Neben der Frage, warum so wenig Menschen von dem Thema Gesundheit, das auch einen Zukunftsmarkt darstellt, ergriffen werden, schwebt eine viel brisantere Frage im Raum: Führen die Bestrebungen, den Menschen mehr Kompetenzen in die Hand zu geben verstärkt zur Entsolidarisierung? Fr. Prim. Dr. Katharina Pils macht deutlich, dass neben der individuellen Ebene besonders der globalen Ebene der Gesundheitsförderung mehr Bedeutung zugemessen werden muss: „Das Solidarprinzip muss aufrecht erhalten werden. Der einzelne kann nicht die Verantwortung über seine Gesundheit tragen“. Die Gesellschaft muss die Rahmenbedingungen für ein gutes soziales Umfeld und die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben schaffen.
Gesundheit ist ein Grundrecht
Nicht oft genug eingefordert werden kann, dass Gesundheit ein Grundrecht darstellt und alle Beteiligten sich vermehrt dafür einsetzen müssen. Von politischer Seite kommt man immer noch nicht über Lippenbekenntnisse hinaus. „Ein Land, das sich Abfangjäger leisten kann, muss mehr in Gesundheit investieren können“, vertritt Ing. Mag. Gerhard Elsigan, Techniker und Soziologe. Von Seiten der Akteure von Prävention und Gesundheitsförderung ist immer noch zu wenig Bereitschaft für Qualität und bessere Zusammenarbeit untereinander festzustellen.
Betriebliche Gesundheitsförderung als Schlüssel in die Unternehmen?
Im Arbeitskreis: Gesundheit am Arbeitsplatz solle erörtert werden, wie eine betriebliche Gesundheitsstrategie aussehen muss, die Krankheitspotentiale minimieren und Gesundheitspotentiale stärken kann. Einigkeit herrscht darüber, dass der umfassende Ansatz der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) ein guter Weg ist, um auch den, durch den Wandel der Arbeitswelt vermehrt auftretenden psychosozialen und psychoemotionalen Belastungen begegnen zu können. „Die Gesundheitsförderung ist jedoch leider zu Lifestyle verkommen“, klagt Dr. Herbert Friesenbichler, Arbeitspsychologe bei der AUVA. Er ergänzt: „Gesundheitsförderung bedeutet gesunde Politik statt Gesundheitspolitik. Nur eine umfassende Betrachtung aller Lebensbereiche hat langfristig bestand.“.
Verbreitung von good practice mangelhaft
Das europäische Netzwerk „betriebliche Gesundheitsförderung“, vertreten durch Dr. Reinhold Sochert und Mag. Elfriede Kiesewetter von der österreichischen Kontaktstelle bemüht sich seit vielen Jahren vorbildlich, den systematischen Ansatz und den Nutzen von BGF zu vermitteln. Der nötige Austausch und die Verbreitung von good practice Beispielen vor allem für KMU (Klein- und Mittelbetriebe) ist jedoch mangelhaft. Vor allem der Zugang zu KMU ist schwierig, das beweist auch die geringe Anzahl an erfolgreich durchgeführten Projekten der BGF in KMU.
Bedürfnisse der KMU erfüllbar?
„KMU sehen BGF als aufgebläht und formalistisch an. Erfolg ist kaum in Zahlen und Daten messbar. Schon das Arbeitnehmerschutzgesetz (ASchG) wird als aufgezwungen empfunden.“, sagt Dr. Erhard Prugger von der Wirtschaftskammer. Er sieht die Verantwortung vor allem bei den Protagonisten und Akteuren der BGF: „Über bleibt oft ein Showprogramm“. Prugger stellt folgende Forderungen:
- KMU brauchen eine professionelle Betreuung. - Netzwerke sind zu bilden. - Modularisieren, damit KMU eine Auswahl treffen können - finanzieller Bonus für bereitwillige Betriebe
Das Bild der Präventivfachkräfte
Während die Gefahren am Arbeitsplatz größer und unüberschaubar werden, sind die Vertreter der verschiedenen Gruppen (Sicherheitsfachkraft, Arbeitsmediziner, Arbeitspsychologe) damit beschäftigt sich um die Krümel zu streiten, statt neue Kuchen zu backen. Einige haben erkannt, dass durch Zusammenarbeit der verschiedenen Gruppen bessere Lösungen entstehen. Diese werden auch weniger Schwierigkeiten haben, von Unternehmen als Berater akzeptiert zu werden. „Generell ist es schwer Unternehmen Kompetenz in den Bereichen Gesundheit und Wirtschaft zu vermitteln, sagt Elsigan, „schnell ist man als Idealist ohne Bezug zur Realität abgestempelt“. Es sind auch zu viele sogenannte Fachkräfte unterwegs, die von guter Präventionsarbeit weit entfernt sind. Um Prävention als Teil der Unternehmenskultur einzuführen bedarf es neben viel Erfahrung und Engagement auch an breitem Wissen über Zusammenhänge.
Neuer Fachhochschullehrgang Arbeit und Lebenswelt Co-Design
In logischer Konsequenz fehlt ein Bindeglied, das dem Unternehmer gegenüber als Ansprechpartner und Koordinator auftritt. Eine Schnittstelle, die Zusammenhänge über Gesundheit am Arbeitsplatz erkennen und vermitteln kann. Eine Person, die in der Lage ist, die klassische Präventionsarbeit, durch Sicherheitsfachkraft, Arbeitsmediziner und punktuell durch Arbeitspsychologen erbracht, mit Bereichen zu koordinieren, die bislang großteils separiert sind: u.a. Aus- und Weiterbildung, Organisationsentwicklung, Qualitätsmanagement, Informationstechnologie, Wissensmanagement. Ein neuer Fachhochschullehrgang Arbeit und Lebenswelt Co-Design soll in Linz diese Lücke schließen. Der Einwand, dass dieses Berufbild in bestehende Kompetenzen vor allem der Arbeitspsychologie eingreift, die gerade mühsam im Begriff ist, ihren Fähigkeiten Anerkennung zu verschaffen ist jedenfalls berechtigt. OSR Univ-Doz. Dkfm. Mag. Dr. Klug und Mag Petra Pichler, die den Fachhochschullehrgang ins Leben gerufen haben müssen sich dieser Diskussion stellen. Es sollte eine klare Kompetenzaufteilung erkennbar sein und ein geschlossenes Bild dem Unternehmer gegenüber präsentiert werden. Denn nur ein positives Image von Gesundheit am Arbeitsplatz führt zu Vertrauen von Unternehmern und Mitarbeitern.
Gehen Sie hin und machen Sie’s!
Am 11. Linzer Gesundheitssymposion wird viel geredet. Die Fülle an behandelten Themen verhindert das Erarbeiten von wichtigen konkreten Schritten. Dr. Stefan Lang, Arbeitsmediziner von BASF, Deutschland bringt es auf den Punkt: „ich höre zuviel: man müsste, man sollte... gehen Sie hin und machen Sie´s“. Wichtige konkrete Schritte wären laut Friesenbichler in folgenden Bereichen zu setzen:
- öffentlich politische Bedeutungsgebung - mehr Diskussion in der Öffentlichkeit - Beitrag zu Kulturentwicklung - Inszenierung als ethischer Wert und somit als Gegengewicht zur ökonomischen Rechtfertigung
|
|
|
|