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14 Apr. 2010
 
Geburtenraten in vielen Industriestaaten steigen wieder
Eine nachhaltige Trendumkehr scheint möglich
 

Die Zeiten extrem niedriger Geburtenraten sind vorbei. Einer der wichtigsten Gründe ist, dass Eltern die Geburt ihrer Kinder heute weniger aufschieben als früher. Dies legt eine aktuelle Studie des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung Rostock und des Vienna Institute of Demography nahe.

 

Ende des 20. Jahrhunderts sank die zusammengefasste Geburtenziffer (TFR) in vielen Ländern Süd- und Osteuropas auf Werte von unter 1,3 Kindern pro Frau. 2002 wiesen 16 europäische Staaten – die zusammen 58 Prozent der europäischen Bevölkerung repräsentieren – eine solch extrem niedrige Geburtenrate auf.

 

Die Besorgnis unter Demografen und Politikern nahm zu, dass sich der Trend zu einer besonders geringen Fertilität in den Industrieländern verfestigt. Langfristig hieße dies, dass die Bevölkerungen stärker altern, Bevölkerungszahlen deutlicher zurückgehen und der Wirtschaft vermehrt Arbeitskräfte fehlen könnten.

 

In diesem Zusammenhang überraschen die Zahlen zur jüngsten Geburtenentwicklung aus der vergleichenden Länderstudie: In den meisten der untersuchten Industrienationen stieg die TFR im Zeitraum 2003 bis 2008 wieder an (siehe Abbildung). Zum ersten Mal seit dem Babyboom der 1960er Jahre erhöhen sich damit die Geburtenraten in den entwickelten Ländern weltweit gleichzeitig.

 

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Abbildung: Geburtentrend in ausgewählten Ländern, 1989–2008. Grafik: "Demografische Forschung Aus Erster Hand", Daten: Eurostat, Nationale Statistische Ämter.

 

Das Ausmaß des Anstieges ist mancherorts bemerkenswert

 

So liegt die TFR in Ostdeutschland heute wieder bei 1,4, nachdem sie 1994 im Verlauf der deutschen Vereinigung auf den historischen Tiefststand von 0,8 gefallen war. Estland verzeichnete eine Zunahme von 1,2 (1998) auf 1,7 (2008).

 

Aber auch in Ländern, in denen bereits vorher durchschnittlich mehr Kinder zur Welt kamen, gibt es Fertilitätsanstiege (Abb. 2b): So weisen Australien, Frankreich, Norwegen und Großbritannien erstmals seit 1970 eine TFR von rund zwei Kindern pro Frau auf.

 

Ausnahmen sind Österreich und Westdeutschland: Hier hat sich das Geburtenniveau bis 2008 kaum erhöht.

 

Ursachen für den Anstieg

 

In allen Industriestaaten ist das Alter bei Erstgeburt in den vergangenen vier Jahrzehnten deutlich gestiegen. Zu den Gründen zählen längere Ausbildungszeiten, eine höhere Frauenerwerbsquote, die zunehmend unsichere Arbeitsmarktsituation für junge Erwachsene und der verbreitete Zugang zu modernen Verhütungsmethoden.

 

Mehr als die Hälfte des gegenwärtigen Fertilitätsanstiegs lässt sich allein dadurch erklären, dass Frauen heute Geburten weniger stark aufschieben als noch in den 1990er Jahren.

 

Während der Einfluss der Familienpolitik laut Studie auf den Anstieg schwer einschätzbar ist, dürfte sich eine gute Stimmung am Arbeitsmarkt, wie sie vor der Wirtschaftskrise in den Industrieländeren gegeben war positiv auswirken. In den kommenden Jahren wird die Wirtschaftskrise sehr wahrscheinlich zu erneuten Fertilitätsrückgängen führen, insbesondere in Ländern mit hoher Arbeitslosigkeit.

 

weitere Informationen: http://www.demografische-forschung.org/

 

"Demografische Forschung Aus Erster Hand" wird vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock, in Kooperation mit dem Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien, und dem Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels herausgegeben.

in den Industrieländern verfestigt. Langfristig
hieße dies, dass die Bevölkerungen stärker
altern, Bevölkerungszahlen deutlicher zurückgehen
und der Wirtschaft vermehrt Arbeitskräfte
fehlen könnten.
In diesem Zusammenhang überraschen die
Zahlen zur jüngsten Geburtenentwicklung aus
der vergleichenden Länderstudie: In den meisten
der untersuchten Industrienationen stieg
die TFR im Zeitraum 2003 bis 2008 wieder an
(Abb. 2a und 2b). Zum ersten Mal seit dem
Babyboom der 1960er Jahre erhöhen sich
damit die Geburtenraten in den entwickelten
Ländern weltweit gleichzeitig. Von den
16 europäischen Staaten mit extrem geringer
Fertilität im Jahr 2002 unterschritt 2008 nur
noch Moldawien den Wert von 1,3. Das
Ausmaß des Anstieges ist mancherorts bemerkenswert
(Abb. 2a). So liegt die TFR in Ostdeutschland
heute wieder bei 1,4, nachdem
sie 1994 im Verlauf der deutschen Vereinigung
auf den historischen Tiefststand von 0,8 gefallen
war. Estland verzeichnete eine Zunahme
von 1,2 (1998) auf 1,7 (2008). In Bulgarien,
Tschechien und der Ukraine erhöhte sich die
Wandel und Kontinuität Eine nachhaltige Trendumkehr scheint möglich
Geburtenraten in vielen
Industriestaaten steigen wieder
EDITORIAL
2010, Jahrgang 7, Nr. 1
DEMOGRAFISCHE FORSCHUNG
Aus Erster Hand
Þ
Max-Planck-Institut
für demografische Forschung
Rostocker Zentrum zur
Erforschung des Demografischen Wandels
Abb. 1: Zahl der Länder Europas und Ostasiens mit einer zusammengefassten Geburtenziffer
unter

 
Quelle: "Demografische Forschung Aus Erster Hand"


Metainfo:
Autor: Harald Kviecien; Copyright: ohc; Publiziert von: Harald Kviecien (kviecien)
factID: 1458100.1; Publiziert am 14 Apr. 2010 21:35