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23 Nov. 09; 21:59
Ein plärrdoyer für den konjunktiv
 

"Nicht auf den punkt zu kommen" oder "zu viele punkte zu machen" oder alles mögliche zu machen außer verständlich sein - das möchte ich bei meinem dritten beitrag vermeiden. Ja, ich habe eure hinweise verstanden. Und ob ihr's glaubt oder nicht: Ich bin in der lage, inputs zu verarbeiten und in die praxis umzusetzen.


Es waren lehrreiche gespräche mit freundlich gesinnten menschen, sozusagen vorab-konsumentinnen. Also solche, auf die ich meine texte losließ, bevor ich hinweisschilder zu factsmatter.net ins netz ramme und die zufahrt freischaufle; bevor ich also meine gedanken der welt offenbare, um nicht in der selbstreflexion zu vertrocknen; bevor ich mir zutraue, mich den strengen inhaltlichen urteilen und reaktionen hoffentlich breiterer kreise stellen zu können. Dir, liebe leserin und lieber leser möchte ich gerecht werden. Deinem anspruch möchte ich gewachsen sein. Denn factsmatter.net zu besuchen, soll dir die aufgewendete zeit auf irgendeine weise lohnen.


Es auf den punkt bringen; sich kurz fassen; ohne umwege das wesentliche aussagen: Darauf kommt es doch an, oder? Andererseits: Wenn alles so knackig und mit scharfen kanten daherkommt, dann werde ich oft skeptisch. Denn häufig entpuppt sich eine kompakte darstellung von tatsachen als eine verkürzte sichtweise komplexerer zusammenhänge.


OK, auf unnötige füllwörter, die einfach zuviel sind, kann man problemlos verzichten. Obwohl ich bei dialogisch orientierten texten das gefühl habe, dass passende füllwörter die barriere zum dialogisieren (also z.B. antworten) herabsetzen. Aber ich kann  verstehen, dass es oft besser ist, sie zu streichen.


Aber - und jetzt muss ich ein bisschen laut werden - NEHMT MIR NICHT MEINEN KONJUNKTIV. Bei den meisten dingen bin ich mir verdammt noch mal nicht zu 100% sicher. Die möglichkeitsform ist eine wunderbare sache und entspricht der vielfalt unserer welt. Die vereinfacher predigen das absolute. Sie würden die möglichkeitsformen am liebsten auf dem scheiterhaufen der streng differenzierten darstellung den flammen übergeben.


Warum ist das wesentlich?


Auf factsmatter.net sollen jene aspekte beleuchtet werden, die für effiziente schriftliche online-diskurse von bedeutung sind. Der konjunktiv hat m.e. zwei sehr sympathische eigenheiten, die ihn zu einem hilfreichen begleiter in der lebendigen online-kommunikation machen können. Zum einen lädt er durch seine offenheit zum dialog ein (er ist im gegensatz zum indikativ nicht geschlossen). Der leser eines beitrags in möglichkeitsform fühlt sich eher aufgerufen, seinen senf hinzuzufügen - und schon kann der dialog am virtuellen würstelstand seinen lauf nehmen. Zum anderen - und das erscheint mir noch viel wichtiger - versorgt die möglichkeitsform das gegenüber mit einer wesentlichen information: nämlich der, dass man sich einer sache nicht sicher ist.


Ab und zu geh ich noch einen schritt weiter. Da reicht mir die unsicherheit nicht aus, die mit der möglichkeitsform ausgedrückt werden kann. Da greife ich zu einer verschärften methode, um meine besonders starke unsicherheit auszudrücken (bin mir sehr, sehr unsicher, ob das gut rüberkommt). Dann nämlich schreibe ich nicht im konjunktiv sondern im indikativ, setze das geschriebene aber in klammern.




Metainfo:
AutorIn: Max Harnoncourt
factID: 1408907.7 (...Archiv); Publiziert am 25 Nov. 2009 09:50
 
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