Was geht uns die Philosophie in Afrika an? (1991)

[*]

Welche Arten von Philosophie" gehen uns nichts an?

Es gibt Fehlformen der Philosophie, die diesen Namen nur erschleichen, in Wirklichkeit aber nichts oder wenig damit zu tun haben; nennen will ich[1]:
Verwirrungskunst: Dichtung unter Verwendung philosophischer Termini;
Zitierwut: Philosophie-Import ohne eigene Gedanken oder selbst verantwortete Stellungnahme; klebt am Aktuellen und hält den dernier cri auch für das letzte Wort;
Belehrsamkeit: Klassiker-Belehrung durch Autorität, klebt am Alten und hält es für ewig;
Beteuerungsritual: Ideologie, Glaube statt Wissenssuche; Verkündigung von absoluten "Wahrheiten", die nicht in Frage gestellt werden dürfen.
Diese Fehlformen gehen uns überall nichts an, weder in Afrika, noch in Europa oder anderswo. Sie sind aber in Fülle vorhanden, darum müssen sie erkannt und kritisiert werden. Sie werden als "Philosophie" bezeichnet und gewinnen daraus Ansehen. Sie maßen sich eine Autorität an, die sie nicht aus dem Denken beziehen:

Die Verwirrungskunst bezieht ihre Autorität aus Wörtern, hinter denen kein verstehbarer (kritisierbarer, annehmbarer, verwerfbarer) Sinn steht - aber es kann doch nie gänzlich ausgeschlossen werden, daß ein Sinn dahinter stehen könnte. Verwirrungskünstler verwenden Wörter, die so ähnlich oder ganz gleich klingen wie philosophische Begriffe. Der Unterschied liegt nur darin, daß es Verwirrungskünstlern nicht auf Klarheit ankommt, sondern auf einen unwägbaren Eindruck. Von Platon stammt das Wort, die Philosophie beginne mit dem Staunen. Es gibt viele Arten des Staunens. Im Verwirrspiel wird jene Art von Staunen provoziert, die den Unsinn als Sinn unterstellt, und damit wird dann Unfug getrieben und es gibt berühmte Verwirrungskünstler.

Zitierwütige beeindrucken Leser und Hörer durch aktuelle Informiertheit (was für sich genommen etwas Gutes ist), aber sie scheinen von der Maxime auszugehen: es gibt überhaupt nichts, was im allgemeinen Wissen genannt werden könnte, außer dem Wissen vom Denken anderer. So vermitteln sie ein Wissen von Zitaten, die meist aktuell sind und sich auf einen gegenwärtigen Diskurs beziehen, daraus geht aber nicht immer klar hervor, worauf (in der Realität, die dem/der LeserIn zugänglich ist) dieser Diskurs sich bezieht. Dem Zitierwütigen reicht der Umstand durchaus, daß der Diskurs von einigermaßen bekannten Leuten geführt wird. In jeder Art von intellektueller Peripherie kommt diese Tendenz des Importierens von Gedanken in auffallender Weise vor, also auch in Afrika und Österreich. Für sich genommen haben solche Produkte keinen Wissenswert.

Der Belehrsame betreibt gleicherweise ein Importgeschäft für Gedanken, aber er importiert aus der Ferne der Zeiten. Dabei wird der Belehrsame den Eindruck erwecken, daß niemand ohne Gefahr der Lächerlichkeit selbst zu denken oder eigene Gedanken zu äußern wagen sollte, weil es zu allen Dingen die Antwort eines Klassikers oder einer klassischen Tradition gebe. Wendungen wie "nach Kant..." oder auch nur "für Nietzsche..." sei etwas so-und-so, gelten in einer solchen Atmosphäre schon als eine Art von Argument, suggerieren Autorität.

Die letzte Form, die uns - als Philosophie - nichts angeht und die ich hier nennen will, ist die Ideologie als Philosophieersatz. Ich bin der Auffassung, daß Ideologie eine wesentliche Rolle im Verhalten und Leben von einzelnen und von Gesellschaften spielt und daß es nicht nur unsinnig, sondern gefährlich ist, von "nichtideologischen" Gesellschaften zu träumen. Gleichzeitig meine ich aber nicht, daß Philosophie in Ideologie aufgeht, wenn es ihr, der Philosophie um eine Sache überhaupt gehen kann.

Wer von Fehlformen spricht, muß sagen, was er/sie darunter nicht versteht, was also die legitime Form ist.

Philosophie ist eine Form der klaren Rede, worin klar ausgedrückt ist, worüber etwas gesagt wird und gesagt werden kann - der Verwirrungskünstler vermeidet diese Klarheit;
Philosophie spricht von der Welt und nicht (nur) davon, was jemand über die Welt sagt oder gesagt hat - hingegen kann sowohl der Zitierwütige als auch der Belehrsame ohne ein Wort über die wirkliche Welt auskommen, beide können beim Reden über Wörter anderer bleiben;
Philosophie darf keine erkannten Voraussetzungen als Dogmen von Kritik aussparen; sie ist daher nur bedingt geeignet, kollektive Interessen zum Ausdruck zu bringen, was der Zweck von Ideologien ist.

Wen geht die Philosophie etwas an?

Als eine Art des Fragens und des Redens über die Welt stellt Philosophie eine Möglichkeit des Denkens dar. Sie ist nicht überlebenswichtig, sowenig wie die Wissenschaft. In gewisser Hinsicht ist philosophische Theorie daher Luxus. Sie taucht allerdings dort zu Recht auf, wo allgemeine Sachverhalte mit Begriffen belegt werden. Das geschieht allerorten und alle Tage, es hat keinen separaten, geheiligten oder verschwörerischen Raum. Sofern die Philosophie das leistet, was ich vorhin gesagt habe, nämlich nach klarer Rede über die Wirklichkeit zu streben, ist sie daher ein Angebot für einen alltäglichen Zweck. Als solches ist sie im übrigen nicht zu ersetzen, weder durch einen nicht praktizierbaren Verzicht auf Theorie, noch durch Beschränkung auf Sprechweise und Erkenntnisse einzelner Wissenschaften.

Für die Geschichte der Philosophie trifft all dies nicht ohne weiteres zu, auch dann nicht, wenn es sich um die neuere und neueste Geschichte, die Beinahe-Gegenwart der Philosophie handelt. Die Darstellung der Geschichte der Philosophie ist nicht selbst Philosophie. Was sie für die Philosophie und für das Denken im allgemeinen leisten kann, ist nicht wenig, aber sie ist kein Ersatz für philosophische Reflexion. Philosophiehistorie kann heuristische Funktionen erfüllen, wenn sie zeigt, welche Irrwege des Denkens beschritten worden sind, oder auch, welche Lösungsansätze in der Geschichte bereits geleistet sind. Sie kann eine wissenschaftspolitische Funktion erfüllen, indem sie bestimmte Traditionen zu klassischen erklärt; sie kann schließlich eine humanistische Funktion haben, indem sie das Verständnis für fremde Weltauffassungen vermittelt und vertieft, und in diesem Sinn kann (und sollte) sie auch zur Völkerverständigung beitragen. Philosophische Reflexion jedoch ersetzt sie in all diesen Funktionen nicht.

Wen geht die Philosophie in Afrika etwas an?

Im allgemeinen Bildungsbewußtsein und in der akademischen Szene der Philosophie sind keine Klassiker der alten oder neuzeitlichen Philosophie vertraut, die Schwarzafrikaner (gewesen) wären oder sind. Anton Wilhelm Amo z.B. kommt in generellen Übersichten über die europäische Philosophie des 18. Jahrhunderts nicht vor. Wenn das bis heute so geblieben ist, werden der Belehrsame und der Zitierwütige keinen Anlaß haben, eine Zeitschrift oder ein Buch aus Afrika zur Hand zu nehmen: es handelt sich, soweit die Indizien reichen, nicht um einen traditionell-klassischen und anscheinend auch nicht um einen derartigen gegenwärtigen Diskurs in Schwarzafrika, daß jemand vielleicht befürchten müßte, sich zu blamieren, wenn er/sie ihn nicht kennt.

Schon eher können Verwirrungskünstler Anregungen und Ideen in Afrika suchen und ein Bild des afrikanischen Denkens erzeugen, das dieser Grundorientierung entspricht - etwa wenn in einer schwärmerischen Weise vom Ganz-Anderssein der négritude die Rede ist und damit automatisch auch auf eine andere Art von Philosophie geschlossen wird. Es hat übrigens gar nichts mit einer eurozentrischen Überheblichkeit zu tun, wenn solche Auffassungen von vornherein als der Philosophie Schwarzafrikas nicht zugehörig ausgeschlossen werden: die Frage nach dem Umfang dessen, was zu Recht Philosophie heißen soll, muß überall gestellt werden und es handelt sich schlicht um eine Entscheidung des Betrachters/Historikers, wenn er bestimmte geistige Produktionen trotz ihrer vielleicht allgemein üblichen Benennung, trotz ihrer Selbstbenennung nicht unter "Philosophie" anführt. Als nützliches Kriterium zur Abgrenzung diesbezüglich schlage ich vor, zu fragen, ob Thesen vorgebracht werden, die zu gegenwärtig oder früher schon in der Philosophie diskutierten Themen etwas behaupten oder negieren.

Es ist klar, daß wir hier vor einem, vielleicht vor dem Dilemma der interkulturellen Philosophie stehen: wissend, daß unsere Vorfahren lange Generationen hindurch mit allzu wenigen Ausnahmen einen ganz deutlich eurozentrischen, rassistischen und sexistischen Begriff von "Philosophie" hatten und diesen auch mit allen ihren historischen Studien zu untermauern suchten, macht es einerseits keinen Sinn mehr, einen solchen Begriff auch nur der vorgeblichen Einfachheit halber weiter zu verwenden, wenn er einmal in seiner ganzen Beschränktheit gesehen und damit obsolet geworden ist. Andererseits aber ist in dieser "klassischen", der europäischen Tradition "seit den Griechen" ein Bild von Philosophie entwickelt worden, das immer noch - und auch im Vergleich mit den philosophischen Entwicklungen anderer Kulturen - als vorbildlich gelten muß. Dies wird auch überall dort anerkannt, wo nichteuropäische Philosophen sich bei aller Kritik am Eurozentrismus doch auf Konzepte aus dieser Tradition stützen. M. Towa hat das einmal sehr schön ausgedrückt, als er davon sprach, daß nicht eine Abkehr von der europäischen Philosophie (insbesondere von deren "Rationalität" im Namen einer "Umarmungs-Vernunft", einer "raison etreinte") not tue, sondern deren Verwirklichung und Umsetzung in die Praxis in den Konzepten von Gleichheit und Menschenrechten.

Es kann daher im Rahmen eines interkulturellen Dialogs der Philosophie nur darum gehen, zwei Ziele zu verfolgen, die nicht leicht zu vereinbaren sind: die Beschränktheiten aufzuheben, denen die Zunft durch eine lange Periode ihrer Geschichte erlegen ist - und gleichzeitig damit jedes Abgleiten in einen unverbindlichen Exotismus zu vermeiden, also strikt darauf zu achten, daß Sachfragen gestellt werden. Wir werden daher einerseits vermeiden müssen, weiter für diejenigen zu sprechen, die selbst sprechen können und wollen. Das war das entscheidende Merkmal im Verhalten den kolonisierten Völkern gegenüber: daß ihre Menschen keine Stimme hatten - und selbst dort, wo sie eine Stimme hatten und gehört wurden, gab es häufig noch den Hinweis, es handle sich um eine Art imitierender Marionetten. [2]

Wir werden aber andererseits auch nicht zur Orient- und Afrikafahrt aufbrechen und alles für zielführend halten dürfen, was Europäern nicht in den Sinn gekommen (oder uns heute nicht mehr bekannt) ist. Und wenn Ursula Baatz in ihrem Aufsatz über Affinitäten zwischen Ernst Mach und dem Buddhismus fragt: "Es bedarf also nicht der Orientfahrt. Wessen aber bedarf es dann?"[3], so möchte ich darauf antworten: dessen bedarf es, daß wir mit offenem Herz und Hirn auf die Suche gehen nach Stimmen aus dem philosophischen Denken der anderen. Das scheint leicht und ist es nicht. Auch scheint es wenig, und ob es viel wird, hängt nicht nur von diesen anderen ab, sondern auch von uns.

Es scheint ein leichtes Rezept: bleiben wir bei der Philosophie aus Schwarzafrika, so haben wir in den hauptsächlichen europäischen Sprachen, in Englisch und Französisch, in Russisch, aber auch zunehmend in Deutsch eine Menge von Texten, die sich damit befassen. Das reicht von Überblicksbüchern wie dem von der UNESCO herausgebrachten über Teaching and Research in Philosophy: Africa [4] über Zusammenstellungen von Textauszügen afrikanischer Philosophen[5], Kongreßbände[6], Fachzeitschriften[7] bis hin zu den zahlreichen Arbeiten von Ethnologen und Missionaren, worunter vor allem Placide Tempels hervorsticht, den Jan-Heinz Jahn im deutschen Sprachraum hinreichend bekannt gemacht hat[8]. Es mag sein, daß einem diese und ähnliche Literatur zunächst begegnet, wenn man sich in eher historischer Absicht an die Philosophie in Afrika heranmacht. Es gehören hierher dann auch noch andere Bücher, die sich teilweise sehr kritisch mit der zuletzt angeführten Missionarsphilosophie auseinandersetzen (wie Hountondjis preisgekröntes Buch African Philosophy, Myth and Reality Wiredus Philosophy and an African Culture[9] oder Towa's Idée d'une Philosophie Négro-Africaine). [10]

Solche und ähnliche Literatur wird jemanden ansprechen und interessieren, der sich mit der Geistesgeschichte oder der Wissenschaftsgeschichte Afrikas befaßt, also Afrikanisten im weitesten Sinn. Hat es aber Interesse auch für Philosophen? Zumindest in einem Sinn möchte ich das ohne näheres Zusehen betonen: in dem Sinn nämlich, in dem Philosophen sich gerne selber in die Tasche lügen, wenn sie großspurig von der Philosophie oder von der Geschichte der Philosophie reden und doch weiter nichts darunter verstehen - und zwar ohne dem Publikum die Gnade einer Begründung zuteil werden zu lassen - als das Denken einer sehr ausgesuchten Handvoll europäisch-abendländischer Männer[11]. Es ist mir klar, daß Philosophen gewöhnlich nicht der Auffassung sind, sie hätten diese Entscheidung ohne näheres Zusehen getroffen. Diese meine Kennzeichnung bezieht sich auch nicht darauf, daß sie etwa die Bücher ihrer Vorgänger nicht studiert hätten, beispielsweise Hegels Sicht auf die Geschichte. Der ehrfürchtige Umgang mit ihrer eigenen Tradition kann bei Philosophen gewönlich vorausgesetzt werden - und zwar auch dann, wenn sie Teile daraus (etwa Hegels Theorie der Dialektik) entschieden ablehnen. Durch das Hinsehen auf solche Tradition aber wurde der Blick auf die Wirklichkeit vorbestimmt und fehlgeleitet.[12]

So war es für mich, als ich zuerst Arbeiten über Philosophie in Afrika begegnete, höchst verwirrend, daß ich niemandem (mich eingeschlossen) recht erklären konnte, wozu man sich damit befassen sollte, wenn einen die Philosophie und nicht etwa die Ethnologie, Mythologie oder Geschichte Afrikas speziell interessiert. Ich hatte keinen Zweifel, daß die Aussagen, Theorien, Werke der großen Denker Europas und Nordamerikas zu der Philosophie der Gegenwart gehören. Doch neigte ich dazu, diese beiden Dinge zu identifizieren: die Philosophie mit der europäischen Philosophie. Es kam mir nicht in den Sinn, zu fragen, was "das Europäische" an der europäischen Philosophie wäre. So wie ich sind wohl die meisten Student/inn/en der Philosophie in der nördlichen Hemisphäre - und ein guter Teil derjenigen auf der südlichen Halbkugel - der Denkgewohnheit verhaftet gewesen, daß eine Denkweise entweder ihre Wurzeln in Europa hat oder eben nicht Philosophie ("im strengen Sinn", wie man gerne sagt) ist. Natürlich fügte sich diese meine Meinung ziemlich gut in ein Gesamtbild der Kultur-, Staats-, Literatur- usw.-geschichte, das Bücher, Lehrer und Medien zu dem gemacht hatten, was man "allgemein gebildet" nennt.

Schon ein flüchtiger Blick auf die philosophische Literatur, die heute südlich der Sahara produziert wird oder von schwarzafrikanischen Autoren - und gelegentlich schon Autorinnen[13] - geschrieben wird, zeigt unmittelbar, daß genau dieser Sachverhalt eine entscheidende Frage in Afrika selbst ist: ob und wenn ja in welchem Sinn man überhaupt von "afrikanischer Philosophie" sprechen könne. Es gibt in dieser Frage gewiß keine Einmütigkeit und einige der Autoren dieses Bandes haben dazu in sehr prominenter Weise Stellung bezogen. So vertritt Professor Hountondji, daß man nur von Philosophie in einem globalen Sinn sprechen könne und das einzige Problem im Zusammenhang mit Afrika darin bestehe, wie moderne Philosophie in einem modernen Afrika zu etablieren und zu entwickeln sei. Diese Auffassung ist mir, sofern sie das europäische Denken als das Allgemeine voraussetzt, sehr vertraut; ganz wohl kann ich mich dabei nicht fühlen[14].

Es hat innerhalb des traditionellen und modernen europäischen Denkens niemals - zumindest nicht seit dem Beginn der Neuzeit - eine einzige philosophische Lehrmeinung oder Schule gegeben. Es gibt darin auch keine Einmütigkeit bezüglich der Frage, was die wesentlichen Begriffe, Methoden oder Ergebnisse der Philosophie der Vergangenheit sind. Die Geschichte der Philosophiegeschichts-schreibung in Europa zeigt dies deutlich genug: es herrscht darin ein ständiger Wechsel im Urteil darüber, was hervorragend und was zu vergessen, wer ein Klassiker und wer ein "toter Hund" ist (den letzteren Ehrentitel haben sowohl Spinoza wie Hegel ausdrücklich getragen, ein Schicksal, dem auch die Größten der Zunft nicht ohne weiteres entgehen). Warum also sollte einem bei Betrachtung dieses Sachverhaltes nicht der Verdacht aufsteigen, daß die vertraute Gleichung Philosophie = Europa vielleicht nicht einmal mehr für eine historische Betrachtung taugt - und daß sie vielleicht, gemessen an der Realität, nie getaugt hat? Statt eine solche Gleichung zu übernehmen und immer noch von der Geschichte der Philosophie zu sprechen, womit doch nichts anderes gemeint ist, als europäische Philosophie könnte schon ein Historiker der Philosophie der Gleichung noch etwas hinzufügen, nämlich ein was sonst?, und zwar nicht in Arroganz, sondern in Neugierde und in Hoffnung auf Neues und Wichtiges.

Natürlich ist nicht alles, was über Afrika und seine "Philosophie" gesagt worden ist - und zwar von Europäern und Afrikanern - dazu angetan, als Beitrag zur (Gegenwarts-) Philosophie erkannt und ernstgenommen zu werden. Einige der "Philosophen aus Afrika", die mir begegnet sind, bemühten sich um den Nachweis, daß eine ganz unterschiedliche Mentalität den Afrikaner von dem Europäer trenne, was sich auf Lebensformen, Sprachen, letztlich auf die Rassen beziehe.[15] Ich muß gestehen, daß eine Reihe von Texten aus der Négritude-Bewegung für mich faszinierend waren. Ich sehe nur eben in der These von einer ganz besonderen "négritude" der Afrikaner gar kein Argument, das einen dazu motivieren könnte, auf die Gedanken afrikanischer Denker zu achten, sie als Philosophen ernst zu nehmen. Wenn die Vertreter der These von der "négritude" recht haben, so kann Afrika die Welt Vieles und Wichtiges lehren, vor allem die "raison-etreinte" (die "Umarmungs-Vernunft", von der Senghor spricht). Es kann dann aber niemanden Philosophie lehren. Dies ist die versteckte Botschaft jeder "Ethnophilosophie" (wozu auch die Négritude-Bewegung zählt): daß ihre Erscheinungsformen und Produkte zwar Anspruch auf ein gewisses exotisierendes Interesse erheben dürfen, mehr aber auch nicht. Der "allgemeine" Begriff der Philosophie, das, was wirklich zählt, wird davon in keiner Weise revidiert.

So können wir also sagen, daß es im wesentlichen zwei Erscheinungsformen der Philosophie in Afrika sein werden, von denen unwahrscheinlich ist, daß sie unser philosophisches Denken nachhaltig beeinflussen, die uns wohl zu Recht auch nichts angehen:
erstens der Rassen-Mentalismus der "Négritude" und
zweitens die bloße Existenz von analytischen, hermeneutischen, marxistischen oder phänomenologischen Schulen in Afrika.

Kann das erstere als nicht der Philosophie "im strengen Sinn" zugehörend leicht unernst genommen werden, so ist das zweitere nicht "exotisch" genug, um besonderes Interesse zu beanspruchen und doch Teil einer Kultur, die sich nach allgemeinem Verständnis erst zu dem "entwickeln" muß, was Europa längst ist oder war. Zwar ist es natürlich denkbar, daß wissenschaftliche und philosophische Zentren sich mit einer gewissen Regelmäßigkeit überall auf dem Globus entwickeln, die alle eine gewisse Standardform ihrer Disziplin betreiben und sich gegenseitig konsultieren, anregen, kritisieren usw. Doch das ist nicht die Realität. Die Tatsache, daß es überall in Afrika Universitäten und an diesen Universitäten Institute für Philosophie gibt, der Umstand, daß es ein lebendiges Publikationswesen und auch ein Publikum in diesem Fach gibt, ändert nichts daran, daß all das in einer wirtschaftlichen - und daher auch akademischen - Peripherie geschieht. Das Hauptproblem hinsichtlich des bloßen Wahrnehmens der gegenwärtigen Philosophie in Afrika besteht sicher darin, daß dasjenige, was Philosophen produzieren, ebenso den Markt- und Vermarktungsgesetzen unterliegt wie alle anderen exportierbaren Güter. Damit aber ist die Nähe oder Ferne zu einem der ökonomischen Zentren der nördlichen Hemisphäre ausschlaggebend für Bekanntheit, Aufnahme und Auseinandersetzung. Es ist darum trotz der großen Fülle an Literatur nicht leicht, ein faires und zutreffendes Bild von der Philosophie im subsaharischen Afrika zu bekommen. Wovor wir uns zu hüten haben, ist Unterschiedliches und es deckt sich nicht völlig mit dem, was afrikanischen Kolleg/inn/en ein Problem sein mag.

Das erste Hindernis, schwer zu vermeiden, ist die Tendenz, das ganz Andere in Afrika zu suchen. Der bloß exotisierende Blick führt nicht zum Anerkennen, ergibt sich nicht aus dem Anerkennen in einem Dialog, es ist ein Blick von oben, von einem Standpunkt unbefragter Normalität aus. Dieser ist selbst dann noch bestimmend, wenn in einem Taumel des Relativismus die Rede von objektiver Erkenntnis aufgegeben wird. Die Gefahr liegt darin, daß der Herkunft und Zugehörigkeit der Denkenden (wieder) das letzte Wort zugesprochen wird; das wäre dann nicht anders als in rassistisch oder nationalistisch orientierten philosophischen Grundentscheidungen.[16]

Eine zweite Gefahr liegt, zumindest für die gegenseitige Verständigung zwischen Afrika und Europa, in der Voraussetzung gewohnter Kulturgrenzen innerhalb Afrikas. Bemerken wir, wie etwa bei Diop oder in dem Beitrag von Bilolo in diesem Band, daß afrikanische Kolleg/inn/en ganz selbstverständlich und entschieden die Kultur Altägyptens (oder in anderen Fällen des Maghreb und Äthiopiens) in einem afrikanischen Kontext behandeln, so ist die Gewohnheit in Frage gestellt, mit "Philosophie in Afrika" mehr oder weniger automatisch Phänomene des "subsaharischen" Afrika anzusprechen. Es ist in diesem Zusammenhang zu sehen, wenn Senghor als "gar kein echter Afrikaner" bezeichnet worden ist.[17] Die innere Einheit des Begriffes "Afrika", wie auch diejenige des gegenwärtig häufiger verwendeten Begriffs "subsaharisches Afrika" in der europäischen Geistesgeschichte stellt ein gesondertes Problem dar. Es ist darum ein doppeltes Ärgernis, wenn Bilolo mit der schlicht klingenden Feststellung beginnt: "Die altägyptische Philosophie bildet die erste Periode der Geschichte der Afrikanischen Philosophie" - einmal, weil hier überhaupt eine "altägyptische Philosophie" vorgestellt wird, was entschieden der Konvention über den griechischen Ursprung der Philosophie widerspricht, und dann, weil diese nicht etwa in ihrer Vorreiterrolle für europäische, sondern für afrikanische Kultur gesehen wird. Diese anstößigen Behauptungen dadurch aus der Welt schaffen zu wollen, daß auf einen gesicherten Forschungsstand verwiesen würde, dürfte in beiden Fällen kein probates Mittel sein.

Die Historiographie der Philosophie als einschlägige Disziplin zur Entscheidung der ersten Behauptung verfügt über keinen derartig gesicherten Begriff vom Ursprung der Philosophie, der dies erlauben würde. Die Philosophie, sofern sie ihre eigene Geschichte reflektiert, muß zwar jederzeit einen Begriff von dem entwickeln, was sie von anderen Weisen des Denkens - von Religion, Kunst und Wissenschaft vor allem - unterscheidet, und damit ist jeweils auch der Begriff vom Ursprung mit gegeben. Dennoch verfügt die Philosophiehistorie über keinen derartigen Begriff mit Sicherheit, jeder diesbezügliche Vorschlag muß sich mit anderen messen, muß die Möglichkeit anderer zulassen. Was ich die Konvention über den griechischen Ursprung genannt habe, ist nicht fraglos richtig und wahr. Die Gretchenfrage an diese Konvention kommt mit Nachdruck immer wieder auf. Wer ohne weiteres von altägyptischer Philosophie spricht, stellt die Frage nicht einmal mehr, er setzt eine andere Konvention als bekannt voraus, und damit einen anderen Begriff von dem, was Philosophie ist - vielleicht. Dann nämlich, wenn wirklich von einer anderen Denkform unter dem Namen der Philosophie die Rede ist, als wir sie in der Reihe von den Vorsokratikern bis in die Gegenwart in europäischer Tradition vorfinden. Es kommt aber auch vor, daß eben die wesentlichen Inhalte europäischer philosophischer Tradition in einem solchen Neuzugang Anwendung finden. In keinem Fall können wir auf selbstverständlich klassische Tradition verweisen und so tun, als wäre dergleichen a limine nicht ernstzunehmen.

Die Aufgeschlossenheit der akademischen Zunft gegenüber der Wissenschaft und der Philosophie aus Afrika ist noch nicht ausreichend, aber sie nimmt zu. Darum sind kompensatorische Arbeiten über Philosophie in Afrika (mit dem Tenor des Wir auch! ) immer noch nötig und sinnvoll. Auf Dauer sind sie jedoch nicht ausreichend. Wir müssen uns fragen, heute schon, was wir als Philosophen von Afrika erwarten, wenn einmal zu Recht gesagt werden kann, daß wir in hinreichender Deutlichkeit vor Augen haben, was es davon gibt. Wovon ich nicht annehme, daß es den Gang des Denkens eigentümlich und entscheidend mitprägen wird, habe ich schon gesagt. Was aber ist zu erwarten?

Ich denke, es sind mehrere Problemstellungen, die die Philosophie in ihrem Selbstverständnis - und damit in ihrer kulturellen und politischen Funktion - ebenso betreffen wie in Fragen praktischer Philosophie, also etwa der Ethik, der Staats- und Rechtsphilosophie.

Was das Selbstverständnis der Philosophie angeht, so sind damit mehrere Fragen angesprochen: zunächst die Frage nach dem Ursprung oder den Ursprüngen philosophischen Denkens, die eng mit dem Begriff von Philosophie, mit deren Unterscheidung von Religion, Kunst, Wissenschaften verbunden ist. Dies wurde im Zusammenhang mit der These von einer "altägyptischen Philosophie" schon angesprochen, doch ist festzustellen, daß die diesbezügliche Debatte, was immer ihre Ergebnisse sein werden, zu einer Kritik jener Voraussetzungen führen muß, die bislang, in wesentlichen Punkten unbefragt, die historischen Darstellungen der Philosophie bestimmt haben. Daß damit ein Prozeß der Ausweitung weitergeführt wird, der hauptsächlich von Europa ausging, tut dem keinen Abbruch. "Es ist das Verdienst Europas, daß es heute einen Universalismus gibt, auch wenn er wider alle Erwartung nicht ausschließlich das europäische Gesicht trägt, sieht man einmal von der Technik ab", schreiben Mall und Hülsmann.18 Wesentlich in diesem Prozeß der Universalisierung, der in räumlicher Hinsicht längst die gegenwärtige Situation der Menschheit bestimmt, ist das bewußte und offene Verfolgen eines Dialogs, der erst die Beiträge aller konstituierenden Traditionen einbringen und so der extern universellen Kultur zu interner Universalität zu verhelfen vermag. In einer im Dezember 1989 an der Universität Wien stattgefundenen Diskussion zum "Sinn oder Unsinn der Völkerkunde" hat Mubabinge Bilolo die These vertreten, daß die Ethnologie oder Völkerkunde nicht eine Wissenschaft (mit ihrem spezifischen Gegenstand, dem spezifische Methoden angemessen wären) neben anderen Disziplinen darstellt, sondern das Ensemble der abendländischen Wissenschaften in deren Anwendung auf außereuropäische Sachverhalte sei. Dem ist zuzustimmen: gibt es an den Universitäten europäischen Typs Fächer wie Literaturwissenschaften, Geschichte, Politikwissenschaft, Soziologie, Kunstgeschichte, Philosophie usw., so werden die Fragestellungen all dieser und noch anderer Disziplinen in einer mehr oder weniger geplanten Vollständigkeit oder Unvollständigkeit nochmals unter dem Namen spezifischer Fächer wie der Sinologie, der Afrikanistik oder eben auch der Völkerkunde bearbeitet. Vorlesungs- und Dissertationsverzeichnisse legen hier ein beredtes Zeugnis ab.[19] Die Auflösung des letztgenannten Faches allerdings, die Bilolo aufgrund seiner Einschätzung fordert, ist wohl nur unter der Zielsetzung richtig, daß es einmal unmöglich sein soll, in Oxford oder Berlin Philosophie, Psychologie oder auch Medizin zu absolvieren, ohne die asiatischen und afrikanischen Traditionen dieser Fächer kennenzulernen - wie dies umgekehrt auch in Nairobi oder Cotonou der Fall sein muß. Die praktische Kritik am Eurozentrismus der Wissenschaften setzt so eine Neuorientierung voraus, die tiefer geht als ein bloß additives Reformieren.

Damit aber erscheint es zweitens nicht mehr zulässig, von einer Normalgeschichte der Menschheit oder einer Normaltradition der Philosophie auszugehen, wie dies in mehreren Hochkulturen - eben auch der europäischen - gang und gäbe war. Keine einzelne der bisherigen Traditionen des Denkens hat Anspruch auf dieses Monopol. Es ist vielleicht nicht überflüssig, dies nicht nur gegen einen Monopolanspruch der philosophisch-wissenschaftlichen Tradition Europas zu betonen, sondern auch gegen alternative Formen der Weltanschauung, die gelegentlich zwar als deren Kritiker auftreten, die im Anspruch auf Alleingültigkeit jedoch von vergleichbarer oder sogar noch stärkerer Ausschließlichkeit bestimmt sind. Es ist aber auch nicht überflüssig, die behauptete These an einer Position zu bewähren, die diesen Anspruch ausdrücklich, bewußt und systematisch gestellt hat, nämlich an der Interpretation der Geschichte der Philosophie durch Hegel.20

Könnten die beiden bislang genannten Folgen auch dann zu erwarten sein, wenn wir mit der Situation einer gegenseitigen Durchdringung von zuvor getrennten Kulturen zu tun hätten, bei denen keine Über- oder Unterlegenheit gegeben oder behauptet wäre, so ist die tatsächliche Situation doch ganz anders. Vom Beginn der militärisch-technischen Überlegenheit Europas an ist das Verhältnis zwischen den europäischen und den nichteuropäischen Nationen nicht auf gegenseitige Anerkennung und Anregung, sondern auf kalkulierte Einflußnahme ausgerichtet gewesen. Dieser Prozeß hat in allen Lebensbereichen Spuren hinterlassen und ist nicht rückgängig oder ungeschehen zu machen. Im Bereich der Wissenschaft und der Philosophie betrifft dies besonders die verfügbaren Mittel der Forschung und der Kommunikation. Nehmen wir nur das Beispiel der Bibliotheken, so ist erst heute, mit der von der UNESCO projektierten Neuerrichtung einer globalen Bibliothek in Alexandria ein überragendes Forschungsinstrument dieser Art in einem ehemals kolonisierten Land im Entstehen. Alle übrigen internationalen Bibliotheken von Rang befinden sich in hochindustrialisierten Ländern.[21] Dies bleibt ein Mangel auch bei einer weiteren Verbesserung der Verkehrsnetze: es setzt einen größeren Aufwand voraus, Studenten aus Nigeria die besten Forschungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen, als dies bei Studenten aus England der Fall ist. Noch schärfer würde das Bild bei einem Vergleich der verfügbaren Publikations- und Kommunikationsnetze ausfallen.

Wenn ich jetzt auf besondere Mängel hingewiesen habe, die sich für die ehemals kolonisierten Gebiete der Erde immer noch feststellen lassen, so liegt darin doch auch ein Teil der Hoffnung: in einer Welt von Ausbeutern und Ausgebeuteten, in der die letzteren zu Wort kommen können, haben sie den schärferen Blick für Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit. Es ist ein Vorzug, der aus dem Nachteil kommt und auf dessen Überwindung abzielt. Es ist daher nicht anzunehmen, daß die Zukunft der Philosophie versöhnlich sein wird.


Anmerkungen:
[*] Zuerst in: Chr. Neugebauer, Hg.: Philosophie, Ideologie und Gesellschaft in Afrika: Wien 1989. Frankfurt/M.: Lang, 1991. S. 139-152

[1] In Anlehnung an: Jorge Estrella: "La filosofía y sus formas anómalas". in: Discurso y Realidad, San Miguel de Tucumán, vol. IV, Nr. 1, 1989, S. 15-30. Deutsche Übersetzung von S. Wagner in Conceptus, 1990, Nr. 61.

[2] Vgl. dazu die Äußerungen R. Kiplings anläßlich der Vergabe des Nobelpreises für Literatur an R. Tagore, wie Chaudhuri (1978, S. 63) sie beschreibt: "In 1913, the year in which a Bengali had brought the Nobel prize for the second time to England after Kipling, the latter wrote: 'Well, whose fault is it that the Babu is what he is? We did it, we began in Macaulay's time; we have worked without intermission for three generations to make this Caliban; every step and thought on the road is directly traceable to England and English interests.'" Chaudhuri fügt dem hinzu: "the British civil servants in India in general nursed the most ferocious hatred of Bengalis who spoke and wrote English..." und hält diese "hostility to cultural proselytization" für "the greatest crime of the British people against their own civilization." zit. nach: Chaudhuri, N.C., "The Influence of British and European Literature on Hindu Life", in: Runciman et al. (Hg.): East and West. Today and Yesterday, Turnbridge Wells, Kent: Inst. f. Cultural Research, 1978, s. 60-74.

[3] Baatz, U. (1988): "Ernst Mach und der Buddhismus", in:Conceptus, Jg.XXII (Nr.56) : S. 19-33.

[4] Paris: UNESCO, 1984

[5] Z.B. Azombo-Menda u. M Enobo Kosso, Hg.,(1978) Les Philosophes Africains par les Textes, Nathan Afrique.

[6] Z.B. Sumner, C., Hg.(1976): African Philosophy,Addis Ababa; Odera-Oruka, H., Hg. (1983): Philosophy and Cultures, Nairobi; Diemer, A., Hg. (1981): Philosophy in the Present Situation of Africa, Wiesbaden: Steiner;

[7] Wie Second Order oder Quest

[8] Vgl. Tempels, P.(1945): La Philosophie Bantoue, Élisabethville Ausgaben in verschiedenen Sprachen Zur Debatte um seinen Ansatz vgl. z.B. Jahn, J.(1956): Muntu, Köln; Lufuluabo, F.M. (1964): La notion luba-bantoue de l'être. Louvain; Hountondji, P.J. (1983): African Philosophy. Myth and Reality, London; Apostel, L. (1984): African Philosophy. Myth or Reality, Gent; Towa, M. (1988): "Die Aktualität der afrikanischen Philosophie" in: Wimmer, F. (Hg.): Vier Fragen zur Philosophie in Afrika, Asien und Lateinamerika. Wien: Passagen Verlag; Neugebauer, C. (1989): Aristoteles, P.F. Tempels und G.W.F. Hegel im afrikanischen Diskurs - Vermengtes zur akademischen afrikanischen Philosophie.(Unveröff. Manuskript).

[9] Cambridge Univ. Press, 1980

[10] Yaoundé: Clé, 1979

[11] Vgl. Kinyongo, J. (1982): "La Philosophie africaine et son Histoire", in: Les Etudes philosophiques, Nr.4, S.407: "L'on sait ... que pour certains théoreticiens de l'histoire, celle-ci se situe inéluctablement dans un cadre quadripartite comprenant une unité de lieu qui devrait être l'Europe; une unité d'origine que ne serait que grecque; une unité de temps actualisée par le calendrier européen et une unité d'action qui s'enfonce bien loin dans le temps: des Présocratiques à M. Heidegger."

[12] Vgl. R.A. Mall und H. Hülsmann(1989): Die drei Geburtsorte der Philosophie. China, Indien, Europa. Bonn: Bouvier, S.58: "Die heutigen gegenseitigen Kontakte der Kulturen, Philosophien und Religionen stellen eine nie dagewesene Herausforderung dar, und von dem Ausgang dieser Begegnung hängt die Zukunft der Menschheit ab. Bis jetzt haben die Philosophen, Hegel eingeschlossen, mehr oder minder eine Einheit gedacht, spekulativ sich vorgestellt und von einem bestimmten mehr oder minder nationalen philosophischen Standpunkt her, diesen fast immer verabsolutierend, das Schema einer Weltgeschichte der Philosophie entworfen. Heute ist ein solches Schema nicht mehr am Platze." Vgl. Mall, R.A. und H. Hülsmann: Die drei Geburtsorte der Philosophie. China, Indien, Griechenland. Bonn: Bouvier, 1989

[13] Dr. (Mrs.) S.B. Oluwole, Vorstand des Department of Philosophy an der Universität Lagos (Faculty of Arts) stellt derzeit Daten über die Philosophinnen ihres Landes zusammen. Bislang sind sehr wenige Informationen dieser Art verfügbar.

[14] Das ist kein Einwand gegen Hountondji's These, wie sich versteht: ich bin wie er der Auffassung, daß Gegenwartsphilosophie in Afrika (d.h. "afrikanische Philosophie" der Gegenwart in jedem vernünftigen Sinn des Wortes) auf gegenwärtigen Wissenschaften aufbaut, aus gegenwärtigen Problemen (sozialen, kulturellen, auch wissenschaftlichen Problemen) ihren Anstoß nimmt und - daß es sie gibt. Die unter Hountondji's Leitung entstehende umfassende Dokumentation (in seinem Beitrag zu diesem Band ist davon die Rede) belegt das. Ich denke allerdings andererseits, daß Hountondji - wie vergleichbare europäische Theoretiker hinsichtlich ihrer eigenen Tradition auch - mehr Aufmerksamkeit den Unterströmungen des Denkens schenken sollte, die eben doch die Fließgeschwindigkeit und die Fließrichtung der Wissenschaftsgeschichte stärker bestimmen, als eine rein problemgeschichtliche Betrachtung wahrhaben möchte. Diese Unterströmungen sind kulturgeschichtlich zu erfassen. Die im Text angesprochene Unbehaglichkeit kann wohl nur ausgeräumt werden, wenn eine solche Kulturgeschichte kooperativ-vergleichend vorgeht, also wenn nicht die Vertreter der einen "Kultur" über die Besonderheiten der anderen ausschließlich befinden, sondern insgesamt Verhältnisse des Vergleichens in Zusammenarbeit installiert werden.

[15] Vgl. z.B. Senghor, L.S. (1967): Négritude und Humanismus, Düsseldorf, Köln.

[16] Vgl. Wimmer,F.M. (1989): "Rassismus und Kulturphilosophie", in: G. Heiß et al. (Hg.): Willfährige Wissenschaft. Die Universität Wien 1939-1945, Wien: Verl.f. Gesellschaftskritik, S. 89-114

[17] Vgl. Towa, M. (1983): Poésie de la Négritude, Sherbrooke, Can.: Naaman, S. 51: "Le suprême compliment que certains croient pouvoir faire à un Nègre de valeur, c'est de lui déclarer qu'il n'est plus Nègre, qu'il n'a plus de Nègre que l'apparence. ... Aujourd'hui encore il en est que déclarent très sérieusement que Senghor n'est pas un Africain: et par là ils ne veulent pas l'accuser de trahir les intérêts de l'Afrique, mais exprimer leur admiration pour ses bonnes manières, sa culture, ses talents. En ce qui concerne Césaire, c'est absolument évident: c'est un Blanc!" - Die Normalgestalt der menschlichen Vernunft, Kultur, Geistesbildung hat eine Farbe: weiß; sie hat ein Geschlecht: männlich; und sie hat eine Religion: das Christentum. Dies ist zwar keine zukunftsweisende, aber eine sehr hartnäckige Orientierung des europäischen Denkens, auch in seiner Verbreitung außerhalb Europas.

18 Mall und Hülsmann (1989), S. 78

[19] Für Österreich informiert die Zeitschrift für Afrikastudien (ZAST) seit1987 regelmäßig über die Diplomarbeiten und Dissertationen mit "afrikaspezifischem Inhalt".

20 Dazu vergleiche: Dieng, A.A.(1979): Hegel, Marx, Engels et les Problèmes de l'Afrique Noire. Dakar.

[21] Vgl. Anonym (1988): "Bibliothek von Alexandrien", in: Unesco-Austria, Jg. 20, H. 5.